8. Kölner Frauenparlament

Die Podiumsdiskussion

Frauen fragen nach !

Zur Podiumsdiskussion am Dienstag, den 1. September 2006 hatte der Bezirksvorsteher im Stadtbezirk Innenstadt, Andreas Hupke, an den Tagungsort der Bezirksvertretung (Rathaus, Spanischer Bau) eingeladen. Nach der Begrüßung durch die stellvertretende Bezirksvorsteherin Erdmute Adele Nauwerk berichteten sechs Politikerinnen engagierten Frauen des Frauenparlaments, was aus den im Frühjahr beschlossenen Forderungen geworden war und welche Schwierigkeiten sich den Politikerinnen entgegengestellt hatte. Moderiert wurde die Podiumsdiskussion von Maria Grote, Sprecherin des FrauenForums KölnAgenda.

Zu Beginn richtete Marita Alami die Grüße und guten Wünsche der Europaabgeordneten Ruth Hieronymi (CDU) aus. Sie hatte Material gemailt, aus dem Marita Alami wie folgt berichtete:

  • Die Mitgliedstaaten der EU müssen bis zum 31. Dezember 2007 die Bestimmungen der Richtlinie aus dem Jahr 2004 zur Verwirklichung des Grundsatzes der Gleichbehandlung von Männern und Frauen in nationales Recht umsetzen.
  • Anfang März diesen Jahres hat die EU-Kommission einen „Fahrplan für die Gleichstellung von Frauen und Männern“ vorgestellt. Er beinhaltet sechs Schwerpunkte für EU-Maßnahmen zur Gleichstellung für den Zeitraum 2006-2010:
    1. gleiche wirtschaftliche Unabhängigkeit für Frauen und Männer;
    2. Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben;
    3. ausgewogene Repräsentanz in Entscheidungsprozessen;
    4. Beseitigung aller Formen geschlechterbezogener Gewalt;
    5. Beseitigung von Geschlechterstereotypen;
    6. Förderung der Gleichstellung in Außen- und Entwicklungspolitik.
    Für jeden Bereich werden vorrangige Ziele und Aktionen festgelegt. Die Kommission kann diese Ziele nicht allein erreichen, da viele Bereiche in die Zuständigkeit der Mitgliedstaaten fallen. Daher steht der Fahrplan für das Engagement der Kommission, die Gleichstellungsagenda voranzubringen und die Partnerschaft mit den Mitgliedstaaten und anderen AkteurInnen zu intensivieren. Der Fahrplan bekräftigt den dualen Ansatz, der sowohl auf Gender Mainstreaming als auch auf spezifischen Maßnahmen der Frauenförderung beruht.

Den Anfang der Podiumsdiskussion machte dann Ingrid Hack (MdL, SPD) und musste einleitend feststellen, dass es Frauenthemen auf Landesebene schwer haben. Das zeigen auch die landesweiten Kürzungen und Schließungen bei Fraueneinrichtungen und -projekten. Weitere Schwerpunkte ihres Beitrages waren Veränderungen in der LehrerInnenausbildung und im Zusammenhang mit der Forderung ‚Bezahlbarer Wohnraum in der Stadt' (Lebensraum Nr. 4) der warnende Hinweis auf die Pläne der Landesregierung, die Landesentwicklungsgesellschaft (LEG) zu verkaufen.

Ebenfalls aus dem Landtag erwähnte Andrea Asch (B'90/Grüne), dass das Ressort Frauen nun in einem Ministerium mit männlicher Führung (Armin Laschet) ist und berichtete davon, wie schwer es gewesen war, nach der letzten Landtagswahl die Beibehaltung des Frauenauschusses zusammen mit anderen Parlamentarierinnen durchzusetzen. Des Weiteren ging sie besonders auf die Forderungen nach qualitativ und quantitativ ausreichender Betreuung von Kindern und Jugendlichen (Armut und Soziales Nr. 9), Sprachförderung für MigrantInnenkinder (Bildung Nr. 5) und Mehrgenerationenhäuser (Lebensraum Nr. 6) ein. Im Zusammenhang mit der Forderung zur Einführung einer Frauenquote im Top Management nach skandinavischen Modell (Arbeit Nr. 3) konnte Andera Asch aus ihrer Funktion als Sprecherin der Grünen Fraktion in der Landschaftsversammlung der Landschaftsverbandes Rheinland (12.000 MitarbeiterInnen) berichten, dass vier von sieben DezernentInnen weiblich sind und im Zuge der Umsetzung von Gender Mainstreaming in allen Verwaltungsbereichen Frauenbelange definitiv berücksichtigt werden.

Als Mitglied des Rates der Stadt Köln nahm Gisela Manderla (CDU) Bezug auf die Forderung 7 und 9 (Armut und Soziales) und berichtete, dass der Ausbau von Betreuungsangeboten für Kinder unter drei Jahren in Köln beschlossen ist und die Offene Ganztagsschule massiv vorangetrieben wird. Im Sinne des Vorschlags der Leseförderung durch Kooperation zwischen Stadtteilbibliotheken und Schulen (Bildung Nr. 1) hat sie Bibliotheken konkret angesprochen. In ihrem Beitrag wies sie außerdem darauf hin, dass nicht nur städtische Bibliotheken in solche Bemühungen einbezogen werden sollten. Zum Erhalt der Bücherbusse (Bildung Nr. 2) stellte sie fest, dass dies nur mit privatem Engagement möglich sei, da die finanziellen Mittel der Stadt dazu nicht ausreichten. Im Zusammenhang mit den Forderungen 3 und 4 im Bereich Bildung ging es vor allem um die Diskrepanz zwischen den besseren Schulabschlüssen der Mädchen und der schlechteren Vertretung der Frauen im Beruf, den geringen Anteil an Frauen in naturwissenschaftlich-technischen Studiengängen an Hochschulen und die zu geringe Beachtung von Gender-Differenzen beim Lernen.

Eva Bruch (MdR, SPD) widmete sich schwerpunktmäßig der Forderung nach bezahlbarem Wohnraum in der Stadt (Lebensraum Nr. 4). Sie berichtete, dass es aktuell keine Mehrheit im Rat für einen Verkauf der GAG gibt, und das Wohnungsbauprogramm der Stadt Köln aus dem Jahr 2003 nicht ausreichend umgesetzt ist. Im Zusammenhang mit der ‚Frauenquote im Top Management' (Arbeit Nr. 3) wies sie darauf hin, dass es zur Umsetzung politischer Ziele unabdingbar sei, eigene Leute in der Verwaltung zu haben.

Auch auf der Ebene der Bezirksvertretung ging es, vertreten durch Erdmute Adele Nauwerk (CDU) und Dr. Regina Börschel (SPD) um die Wohnraumfrage und die Bemühungen der Bezirksvertretung, dass bei Bauvorhaben, z.B. aktuell im Kunibertsviertel, nicht nur Gewerberäume, sondern auch Wohnflächen geschaffen werden. Zur Forderung nach Straßenschildern mit Hausnummern fand ein entsprechender Antrag der Fraktion B'90/Grüne Unterstützung. Es entspann sich jedoch dazu eine größere Diskussion um die geringen Handlungs- und Entscheidungsmöglichkeiten der Bezirksvertretungen im Allgemeinen und der BV-Innenstadt im Besonderen, da vieles hier schnell von gesamtstädtischer Relevanz ist und somit auf der Ratsebene entschieden wird. Bezirksvertreterinnen sind Lobbyistinnen ihres Stadtbezirks und treten ein für Dezentralität und Wohnortnähe der Verwaltung, insofern auch für den Erhalt von Stadtteilbibliotheken (Bildung Nr. 2). Leider lässt die geringe Finanzausstattung der Bezirke nur wenig Möglichkeit, Projekte im Stadtbezirk zu fördern. Beispielhaft wurden genannt ein Angebot für schulmüde Mädchen mit dem Handwerkerinnenhaus und Sprachkurse für ältere Migrantinnen im Klingelpütz. Auf einen frauenpolitischen Erfolg konnten die Bezirksvertreterinnen noch hinweisen: fraktionsübergreifend hatten sie durchgesetzt, dass im Rheinaufhafen die Straßen überwiegend nach Frauen benannt sind.

Demgegenüber bestätigte ein aktuelles Plakat der Bildzeitung die Dringlichkeit der Forderung: Keine sexistische Werbung im Stadtbild (Lebensraum Nr. 8). Dies wurde aus dem Kreise der Teilnehmerinnen an der Podiumsdiskussion eingebracht und angekündigt, sich aus gegebenem Anlass beim Deutschen Werberat (www.werberat.de) und an anderer Stelle zu beschweren. In diesem Zusammenhang fand auch der AK Frauenfeindliche Werbung bei der Bürgermeisterin Angela Spizig Erwähnung.

Der Abend klang aus mit weiteren angeregten Gesprächen unter freiem Himmel in der Kölner Altstadt-Gastronomie.


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