Frauen fragen nach!
Nachdem beim 10. Frauenparlament in Köln am 6. März 2008 wieder um die 30 engagierte Frauen im Bezirksrathaus Porz in vier parallelen Ausschüssen Forderungen zu vier Themenbereichen erarbeitet und im anschließenden Plenum diskutiert und verabschiedet hatten, fand am 11. September 2008 auf Einladung von Bezirksbürgermeister Horst Krämer (CDU) die Podiumsdiskussion dazu statt. Maria Grote, Sprecherin des FrauenForums KölnAgenda, moderierte die Runde mit Politikerinnen des Frauenparlaments.
Von der landespolitischen Ebene sprach Ingrid Hack, MdL (SPD). Sie lobte ausdrücklich die gute Arbeit des Frauenparlaments und stellte fest, dass insbesondere die Beschlüsse zum Themenkreis ‚Bildung’ wunderbar zur Arbeit der bildungspolitischen Landes-Enquete-Kommission ‚Chancen für Kinder’ passen, deren Mitglied sie war – hier ist der Abschlussbericht als Download. Ingrid Hack berichtete, dass die Kommission weniger ein Erkenntnis-, als ein Umsetzungsdefizit zu Tage gefördert habe. Genauer untersucht wurden die Übergänge zwischen den Bildungsebenen und die Lebenslagen der Kinder, z.B. auch die Kinderarmut. Unter den Handlungsempfehlungen finden sich daher Themen wie ‚Frühe schulische Bildung, Ausbildung der Lehrkräfte, Ausbau von Bildungslandschaften auf kommunaler Ebene und immer: das Personal muss zu Änderungen auch finanziell und inhaltlich in die Lage versetzt werden.
Dem ersten Beschluss aus dem Themenbereich Bildung‚ ‚Chancengleichheit in allen Bildungsinstitutionen fördern’, stimmte Ingrid Hack voll zu, merkte aber an, dass der Begriff ‚Chancengleichheit’ auch schon einmal als gleichmachend empfunden wird, so dass sie den Begriff ‚Chancengerechtigkeit’ vorziehe. Auch der Forderung 2 ‚Echte, kostenfreie Ganztagsschulen für alle SchülerInnen (inkl. Frühstück und Mittagessen)’ schloss sie sich an. Es wäre ein Paradigmenwechsel, „der uns sehr viel weiterbringen würde“ und gleichzeitig die Diskussion über die Höhe von Hartz IV beenden könnte. Essen wäre dann ein integraler Bestand von Bildung. Der 3. Forderung, ‚Professionalisierung und Intensivierung der Berufsorientierung in Schule’, stimmte sie ebenfalls zu: Berufsorientierung sollte schon ab der 7. Klasse beginnen. Einverstanden war sie auch mit dem 4. Punkt, ’Mehr Männer als Erzieher in Kindergärtenn und als Lehrer in den Grundschulen’ – das Problem sei die Bezahlung, welche diese Berufe für Männer unattraktiv macht. Die 5. Forderung, ‚Lebenslerngelegenheiten und alternative Lernmethoden lehren’, steht im Einklang mit den Ergebnissen der Enquete-Kommission, die feststellt: Schule ist nicht der einzige Lernort. Es erhebt sich die Frage: Welche Lernorte schätzen und fördern wir? Wie ist es mit der Augehöhe bei Jugendhilfe und Schule? Zum 6. Punkt, ‚Koedukation aufbrechen’ wollte sie mehr hören und erhielt im Anschluss an ihren Redebeitrag auch aus dem Kreis der interessierten Frauen, die zur Podiumsdiskussion gekommen waren, mehr Infos dazu. Daraufhin schloss sie sich dem Konzept der reflexiven Koedukation an, welches bedeutet, dass die Koedukation zwar bestehen bleibt, es aber Ausnahmen geben kann, wenn diese sinnvoll sind, z.B. in Physik oder Sport. Die 7. Forderung, ‚Alternativen zur 3-Gliedrigkeit ausbauen’, korrespondiert gut mit dem Ziel der SPD, die Gemeinschaftsschule einzuführen, um „Beste Bildung für alle“ zu ermöglichen. Der 8. Punkt, ‚Zusammenarbeit zwischen Kindergarten, Schule und Eltern verbessern’, hat sich auch bei der Enquete-Kommission durch alle Themen gezogen. Außerdem: Eltern mit Migrationshintergrund haben oft zu wenig Kenntnis vom System Schule. Bei der letzten Forderung aus dem Bereich Bildung, ‚Mit Erwachsenenbildung ALLE erreichen’, fragte Ingrid Hack nach, wer genau gemeint war, und erhielt die Antwort, dass es insbesondere um Flüchtlinge und Alleinerziehende ging.
Da die Zeit es zuließ, konnte sich nach dem Beitrag von Ingrid Hack noch eine lebhafte Diskussion entspinnen. So ging es um bildungsferne und bildungsnahe Elternhäuser. Ingrid Hack bestätigte, dass auch das ein Thema der Kommissionsarbeit gewesen war sowie auch Überforderung z.B. durch prekäre Arbeitsverhältnisse, Schichtarbeit etc. Institutionelle Kinderbetreuung sei da eine wertvolle Hilfe, wenn sie offen, d.h. beitragsfrei ist. Ein weiteres Thema der Diskussion waren die von der NRW-CDU/FDP eingeführten Familienzentren. Eine Teilnehmerin, die sich zu Wort meldete, fand die Idee an sich gut, jedoch nicht genügend ausgestattet. Auch die Zusammenarbeit mit den Eltern wurde in der Diskussion immer wieder beleuchtet. So ging es um das Für und Wider von regelmäßigen Besuchen von Grundschullehrerinnen in den Elternhäusern der Kinder, Zusammenarbeit der Familienzentren mit den Eltern und Elternbildung. Auch der Hinweis, dass es mehr Zusammenarbeit und Engagement von Wissenschaft und Schule geben sollte, wurde nicht unterlassen.
Aus der Sicht der Bezirksvertretung sprach Anna Henk-Hollstein (CDU) zu ausgewählten Beschlüssen des 10. Frauenparlaments. Sie führte aus, dass altengerechte Stadtplanung (Armut und Soziales, Nr. 2) kein einfaches Thema sei. Das Entwicklungskonzept Porz-Mitte werde demnächst vorgestellt. Es betrifft große Teile des Zentrums. Solche Konzepte werden von der Verwaltung ausgearbeitet und die Politik auf Stadtrats- und Stadtbezirksebene fasst dann die Beschlüsse dazu. In solchen Plänen wird schon von der Verwaltung Altengerechtigkeit zum Teil berücksichtigt, z.B. wird auf breitere Türen geachtet. Zur altengerechten Stadtplanung gehört auch die richtige Standortwahl für Senioreneinrichtungen. So setzte sich die CDU vor Ort dafür ein, dass der Neubau eines Seniorenhauses mit Schwerpunkt Pflegebedürftigkeit nicht mitten in der Stadt, sondern in der Nähe des Krankenhauses erfolgt. Zu den Forderungen ‚Mehr Sicherheit in Verkehr und Wohnumfeld durch mehr Polizeipräsenz’ (Armut und Soziales Nr. 4) und ‚ÖPNV: Mehr Sicherheit durch Wachleute’ (Lebensraum Nr. 4,4) gab Anna Henk-Hollstein zu bedenken, dass es nicht zu einem Überwachungsstaat kommen dürfe. So erhebe sich jetzt schon die Frage, was mit den Aufzeichnungen der Videoüberwachung der neuen Station Porz-Mitte passiere. Zu Punkt 4 aus dem Bereich Armut und Soziales, ‚Mehr überdachte Ruheplätze (Abstand von 10 Gehminuten)’ berichtete sie, dass der Bürgerhaushalt – als Beteiligungsverfahren der Kölner Bürgerinnen und Bürger am Stadthaushalt – Bewegung in dieses Thema gebracht hat. Es stehen nun mehr Mittel für Bänke und Sauberkeit zur Verfügung. Bei der Barrierefreiheit im ÖPNV (Lebensraum, Nr. 4) hapert es tatsächlich, meinte Anna Henk-Hollstein und führte die durch Umbauarbeiten verursachten Probleme an der Station Porz-Mitte an sowie die Tatsache, das Behinderte am Bahnhof Porz-Wahn nicht aussteigen können. Immer wieder werde sich deshalb an die Deutsche Bahn gewandt. Auch auf das Thema ‚Öffentliche Toiletten’ (Lebensraum Nr. 5) ging sie ein. Immer schwierig sei es mit der Finanzierung – durch Werbung? Aktuell gehe es um den Standort von zwei versenkbaren Urinalen – niemand will sie haben. Auch zum Standort der Toilette in Porz-Mitte hat es viele, viele Ortstermine gegeben. Zum Thema ‚Kinder- und familienfreundliche Platzgestaltung’ (Lebensraum Nr. 6) konnte sie sich mehr Spielgeräte auf öffentlichen Plätzen vorstellen und fügte den Appell an, sich als SpielplatzpatIn zu engagieren. Politik und Verwaltung könnten nicht alles schaffen, es sei auch in der Verantwortung von BürgerInnen, z.B. Glas einzusammeln und das Grünflächenamt zu benachrichtigen, wenn mal wieder die Sträucher beschnitten werden müssen.
In der anschließenden Diskussion griffen die Teilnehmerinnen einige der von Anna Henk-Hollstein angesprochenen Themen noch einmal auf. Bei der altersgerechten Stadtplanung gehe es auch um mehr Helligkeit, z.B. an der KVB-Haltestelle Porz-Mitte. In der Nacht sei sie ein Angstraum und Helligkeit sei für alle gut! Bei der Kinder- und familienfreundliche Platzgestaltung gehe es auch darum, Orte zu schaffen, an denen man sich hinsetzen kann und wo Kommunikation stattfinden kann. Zum Thema Barrierefreiheit wurde auf die vielen Telekom- und Postkästen auf den Bürgersteigen hingewiesen, die oft sehr unglücklich stehen. Anna Henk-Hollstein konnte dazu berichten, dass schon drei Stück auf Beschluss der Bezirksvertretung versetzt werden konnten.
Schließlich wurden noch Stimmen laut, die auf die Beschlüsse ‚Mehr Personal für menschliche Zuwendung in Krankenhäusern, Pflegeheimen und SeniorInnenheimen, Stärkung der Heimaufsicht, finanzielle Anreize für die Rückführung der Pflegestufen in Heimen’ (Armut und Soziales Nr. 7) und ‚Bedingungsloses Grundeinkommen für alle’ (Arbeit Nr. 8) hinwiesen, welche bisher noch nicht besprochen worden waren.