10. Kölner Frauenparlament

Die Podiumsdiskussion

Frauen fragen nach!

Auf Einladung des Bezirksbürgermeisters Norbert Fuchs (SPD) fand auch nach dem 12. Frauenparlament in Köln Am 20. September 2010 eine Podiumsdiskussion mit Politikerinnen des Frauenparlaments statt, dieses Mal im Bezirksrathaus Mülheim. Engagiert sprachen sie zu den Ergebnissen vom 1. März 2010 und berichteten von Erfolgen und Hindernissen.

Moderiert wurde der Abend wieder von Maria Grote, der Sprecherin des FrauenForums KölnAgenda. Zu Beginn nutzte sie die Gelegenheit, den versammelten Frauen den Kölner Bürgerhaushalt ans Herz zu legen und zeigte sich begeistert von dieser Möglichkeit, sich als Bürgerin der Stadt in die Planungen der Stadtfinanzen einzubringen. Ziel des FrauenForums KölnAgenda ist es, Gender Mainstreaming im Bürgerhaushalt zu verankern. Mehr dazu siehe www.koelnagenda.de/frauenf

Für die Stadtbezirksebene sprachen dann Andrea Restle (B'90/Grüne) und Berit Kranz (SPD). Andrea Restle stellte heraus, dass die Bezirksvertretung zwar „das letzte Glied in der Kette“ sei, aber häufig partei-übergreifende Einigkeit herrsche, wenn es gelte, sich mit gesundem Menschenverstand für den Bezirk vor Ort einzusetzen. Dass ein solcher Einsatz sich durchaus nicht nur auf die Arbeit in der Bezirksvertretung alleine beschränken muss, zeigte Berit Kranz, indem sie von ihrem Engagement für eine bessere Infrastruktur in einzelnen Stadteilen, in denen es noch an Vielem fehlt, berichtete. So konnte erreicht werden, dass sich kürzlich ein Mieterrat in Dünnwald gegründet hat.

Auf einzelne Beschlüsse des Frauenparlaments gingen die beiden Bezirksvertreterinnen genauer ein. So berichteten sie von ihrem Kampf um den Erhalt einer Kindertagesstätte und von den Bezirksdienlichen Mitteln, mit denen sie gerade auch Projekte bezuschussten, die z.B. Kindern Ferienfreizeiten ermöglichen (Arbeit Nr. 4, Armut und Soziales Nr. 2). Der Öffentliche Personen-Nahverkehr (Lebensraum Nr. 1) sei häufig Gegenstand von Anträgen in der Bezirksvertretung, in denen es z.B. um kürzere Taktzeiten, seniorengerechte Haltestellen, aber auch um Fragen der Sauberkeit gehe. Bei Neubauvorhaben und Entwicklung von Flächen (Lebensraum Nr. 2) sei die Bezirksvertretung immer mit beteiligt und setze sich dabei auch für die Belange von SeniorInnen ein. Dem werde jedoch oft die Sorge entgegengestellt, dass der Investor nicht zu sehr eingeschränkt werden dürfe, damit das Vorhaben insgesamt nicht gefährdet werde. Dass Stadtentwicklung an die Grenzen der Privatwirtschaft stoße, zeige sich auch in der Umsetzung des städtischen Einzelhandelskonzeptes. Oft mache die Bezirksvertretung Ortstermine und setze sich für eine ausgewogene Mischung von Geschäften in einzelnen Gegenden ein, bis hin zur Veränderungssperre, wenn es z.B. darum gehe, keine weitere Spielhalle mehr zuzulassen. Auch bei Baumfällungen (Lebensraum Nr. 3) werde die Bezirksvertretung regelmäßig einbezogen. Zuletzt sei es ihr gelungen, eine wichtige Kaltluftschneise für Köln zu erhalten, die der Aufheizung der Großstadt entgegen wirkt, denn dem einstimmigen Votum der Bezirksvertretung hat sich der Umweltschuss des Rates der Stadt Köln angeschlossen.

In der darauf folgenden Diskussionsrunde ging es um die Kriterien für die Bezirksdienlichen Mittel (z.Z. 67.000 Euro, nach EinwohnerInnenzahl zugewiesen) und den Eindruck der Besucherinnen der Podiumsdiskussion, dass die Bezirksvertretung ein vielseitiges Aufgabenfeld bietet und die Begeisterung dafür spürbar war.

Aus Sicht der Landesebene konnte die Landtagsabgeordnete Andrea Asch (B'90/Grüne) dann berichten, dass viele der Forderungen des Frauenparlamentes Eingang in den Koalitionsvertrag gefunden haben. So werde in der Staatskanzlei nun eine Stabsstelle Gender Mainstreaming eingerichtet, denn diese Strategie betrifft alle Bereiche. Daneben gibt es eine Ministerin für Emanzipation, die in den letzten 10 Jahren frauenpolitische Sprecherin der Grünen Landtagsfraktion gewesen war. Allein die Tatsache, dass in NRW jetzt zum ersten Mal eine Frau Ministerpräsidentin ist, dazu noch mit einer weiblichen Stellvertretung, sei ein wichtiges Signal und habe Vorbildcharakter gerade auch für die jungen Frauen. Eine weibliche Doppelspitze ist (noch) nicht so selbstverständlich wie eine männliche. Das zeigten auch die eher negativ konnotierten Spitznamen, die sofort die Runde machten. Weitere Vorhaben der Koalition sind eine Initiative im Bundesrat für ein Gleichstellungsgesetz in der Wirtschaft, das auch Quoten in Aufsichtsräten börsennotierter Unternehmen nach skandinavischem Vorbild vorsieht, auf Landesebene soll eine Fachstelle für Berufsorientierung von Mädchen eingerichtet werden, damit Mädchen mit Haupt- oder Realschulabschluss nicht mehr länger zu 80% Berufe wie Frisörin, Steuerfachgehilfin, Rechtsanwaltsgehilfin oder Krankenschwester lernten, die landesweite Koordinierungsstelle Frauengesundheit, die aufgrund der Ergebnisse der Enquete-Kommision Frauen und Gesundheit eingerichtet worden war, soll wieder finanziert werden, die Streichung der 4. Personalstelle in Frauenhäusern soll rückgängig gemacht werden und die Frauenhausfinanzierung soll per Gesetzt auf eine verlässliche Grundlage gestellt werden, zwei Mädchenzufluchtsstätten für Betroffene häuslicher Gewalt sollen wieder ausreichend finanziert werden, das Landesgleichstellungsgesetz – inzwischen 25 Jahre alt – soll modernisiert werden und eine Landesinitiative Frau und Wirtschaft soll Frauen den Weg ins Arbeitsleben ebnen. Erste Erfahrungen zeigten, dass die benötigte Stimme für eine Landtagsmehrheit durchaus möglich ist und das „Blöde Spiel“, alles was von der Regierung bzw. von der Opposition kommt, grundsätzlich abzulehnen, aufgegeben werde. Die rot-grüne Minderheitsregierung will in dieser Hinsicht eine neue politische Kultur etablieren, bei der es mehr um die Inhalte, als um die Parteien gehe, daher seien bewusst auch schon Anträge der CDU im Landtag mitgetragen worden.

Im Anschluss an den Redebeitrag von Andrea Asch ging es um Quoten in der Wirtschaft (Frauen haben heute besser Schul- und Studienabschlüsse, stoßen aber an die gläserne Decke der männlichen Seilschaften, haben auch mit den eigenen, althergebrachten Bildern im Kopf zu kämpfen, die Quote bei den Grünen hat sich bewährt) und um die vorgesehene Modernisierung des Landesgleichstellungsgesetztes: ob darin nicht Kommunen zukünftig verpflichtet werden könnten, in einem ihrer Ausschüsse die Gleichstellung von Frau und Mann als Querschnittsthema zu verankern.

Aus Sicht der Bundesebene setzte dann Ursula Heinen (CDU) die Reihe fort. Sie betonte, dass es nicht nur in der Wirtschaft, auch in allen Ministerien und größeren Behörden die männlichen Seilschaften gebe. Männer blieben häufig länger im Büro und verabredeten sich anschließend zu Squash, Tennis oder Bier, während Frauen oft schon zu ihren Familien nach Hause hetzten. Dass sie nun schon seit 1998 Bundestagsabgeordnete mit einem Wahlkreis sei, in dem die CDU traditionell nicht so stark ist, habe sie nicht zuletzt auch der Tatsache zu verdanken, dass die CDU eine Quote eingeführt habe, die beinhaltet, dass jeder dritte Listenplatz mit einer Frau besetzt werden muss. Auf einige Punkte aus dem Bereich Arbeit ging sie im Folgenden näher ein. Sie stellte die Formulierung des Frauenparlaments „Grundgesetz einhaltend“ (Nr. 1) noch einmal heraus und berichtete, dass trotz des erwiesenen Einkommensunterschiedes zwischen Frauen und Männern von durchschnittlich 23% vielfach die Vorstellung herrsche, Gesetze und Tarifverträge garantierten hierzulande Einkommensgleichheit. Dass Frauen häufig von vorne herein anders eingruppiert und geringer bezahlt werden, müsse immer wieder herausgearbeitet werden. Eine Ursache dafür liege natürlich in der Befürchtung, Frauen könnten aufgrund von Schwangerschaft ausfallen. Daher sei die Neuregelung des Elterngeldes ein erstes Signal, dass durchaus auch Männer familienbedingt ausfallen könnten. Aber es gehe auch um vergleichsweise kleine Veränderungen, die Vereinbarkeitsprobleme mildern können (Nr. 4). Warum müssten Elternabende an Schulen immer abends stattfinden? Wären sie morgens, könnte die Schule für die Kinderbetreuung sorgen. In Hinblick auf ‚Abschaffung von 1-Euro-Jobs’ (Nr. 2) und ‚Bedingungsloses Grundeinkommen …’ (Nr. 7) wies sie auf die zu erwartenden Ergebnisse der Evaluierung und das Ziel hin, Bildungsteilhabe von Kindern zu gewährleisten, und plädierte für ein frühes, echtes Ganztagsschulsystem. Dem Punkt 3 b aus dem Bereich Lebensraum ‚Grünzüge erhalten und ausbauen’ schloss sie sich voll an und wies an dieser Stelle auf die Verbesserungen hin, die durch die Einführung von Umweltzonen erreicht werden könnten (Nr. 3 c), wenn die Einhaltung von Feinstaubgrenzen nicht – wie schon beobachtet – durch Messgerätstandorte auf Grünflächen sicher gestellt werde. Zum Punkt ‚Menschenwürdiges Altern …’ (Armut und Soziales Nr.1) machte sie noch einmal darauf aufmerksam, dass der demographische Druck auf das Pflegesystem zunehme und die Alterspyramide in Deutschland kurz davor sei, sich umzudrehen. Inzwischen konnte jedoch schon erreicht werden, dass Kontrollen in Pflegeheimen regelmäßig einmal im Jahr stattfinden und zwar unangemeldet.

Nach dem Redebeitrag von Ursula Heinen diskutierten die Anwesenden zunächst noch einmal zum Thema Entgeltgleichheit und Geschlechtergerechtigkeit im Erwerbsleben. Teilnehmerinnen hoben hervor, dass durch Gleichstellungs- und Frauenförderungsgesetze im Öffentlichen Dienst schon viel erreicht werden konnte, obwohl auch dort immer noch Arbeitsplatzbewertungen und Eingruppierungen zum Nachteil von Frauen stattfinden. Immerhin beträgt der durchschnittliche Entgeltunterschied hier nur noch 8 %, dies spreche sehr für ein Gleichstellungsgesetz auch für die Privatwirtschaft. Dass die Personal- und Betriebsräte, die bei Beförderungen und Eingruppierungen einbezogen werden, häufig noch männlich dominiert sind, führte die Anwesenden zum Thema Gender Mainstreaming zurück: „Auch Männer müssen ihr Denken verändern!“ Einige Teilnehmerinnen wiesen dann noch auf andere Dinge hin, die ihnen wichtig sind. So könne mit dem Erhalt von Wildfrüchten und der Schaffung von Nistgelegenheiten dem Aussterben vieler Vogelarten entgegengewirkt werden und müsse der schon 40 Jahre alten Erkenntnis endlich Rechnung getragen werden, dass eine halbe Stunde Schulsport am Tag Gesundheit und Krankheitsprävention sehr viel förderlicher sei, als einmal in der Woche zwei Stunden.

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